Lübeck's Dance of Death

Lithograph after Milde
Carl Julius Milde, Milde #1

Here is the "new" text from St. Mary's Church in Lübeck written in 1701 by Nathanael Schlott,

This version of the text was published by Schlott himself in the book »Eine Hand-voll Poetischer Blätter« from 1702, i..e the year after the painting was renewed and the year before Schlott himself died.

Des Lübeckischen
Todten=Tantzes
andere Edition,

Nach Abgang der vorigen in diß format
gebracht und an Stat einer
Zugabe der Myrthen-Blätter
dem curieuxen Leser geliefert.

Introduction

Still.
Vermessener.
Du seyst auch wer du seyest
Der du
Durch manch unnützes Wort,
Diesen geheiligten Ort,
Entweihest
Hier findestu keine
Plauder-Capelle.
Sondern im
Todten-Tantz
Deine gewisse Stelle.
Still demnach still
Laß das Mahl-Werck stummer Wände
Mit dir reden
Und wo möglich vor dem Ende
Dich überreden
Daß der Mensch
Sey und werde
Erde.

Death

Der Tod.
Heran ihr Sterblichen/ das Glaß ist auß/ heran!
Vom Höchsten in der Welt/ biß auff den Bauers-Mann:
Das Wegern ist umsonst/ umsonst ist alles klagen;
Ihr müsset einen Tantz nach meiner Pfeiffe wagen.

Death to the pope

Der Tod.
Komm/ alter Vater/ komm/ es muß geschieden seyn!
Kreuch aus dem Vatican in diesen Sarg hinein:
Hie trägt dein Scheitel nicht das Gold von dreyen Cronen/
Der Hut ist viel zu hoch/ du must jetzt enger wohnen.

The pope

Der Bapst.
WIe/ scheut der Tod den Blitz von meinem Banne nicht?
Hilfft kein geweihtes Naß/ und kein geweihtes Licht?
So bleibt mir doch die Macht zu lösen und zu binden;
Wie solt ich sterbend nicht den Himmels-Schlüssel finden?

Death to the emperor

Der Tod.
AUff/ großer Käyser/ auff! Gesegne Reich und Welt/
Und wisse/ daß ich dir den letzten Tantz bestellt.
Mein alter Bund gilt mehr als Apffel/ Schwerd und Bullen;
Wer mir Gesetze schreibt/ mahlt eitel blinde Nullen.

The emperor

Der Käyser.
WAs hör ich? trägt der Tod für Göttern keinen Scheu?
Sind Käyser-Cronen nicht für seiner Sichel frey?
Wolan! so muß ich mich/ ach hartes Wort! beqvemen/
Und von der dürren Hand den Reiches-Abschied nehmen.

Death to the empress

Der Tod.
REicht ohngewegert her der Hände zartes Paar/
Und wandert fort mit mir zu jener grossen Schaar:
Doch spart die Thränen-Fluth des bittern Scheidens wegen;
Man wird euch dem Gemahl bald an die Seite legen.

The empress

Die Käyserin.
ISt Zeit und Stunde da/ so schick ich mich darein/
Und wil auch sterbend dir/ mein Käyser/ ähnlich seyn:
Kanstu dem Reiche dich nicht stets/ als Sonne zeigen/
So muß sich auch der Mond zum Untergange neigen.

Death to the cardinal

Der Tod.
GIb gute Nacht der Welt/ bestürzter Cardinal;
Dein Ende ruffet dich zur ungezählten Zahl.
Ich weiß nicht was du dort wirst für ein Theil erlangen;
Daß weiß ich/ Sohn/ du hast viel Gutes hier empfangen.

The cardinal

Der Cardinal.
ROm schenkte mir den Hut/ der Hut trug Ehr und Geld;
So baut ich Sorgen-frey das Paradieß der Welt.
Mein Wunsch war mit der Zeit auff Petri Stul zu rücken/
Und muß davor erblaßt das Haupt zur Erden bücken.

Death to the king

Der Tod.
DEnck an den wahren Spruch/ den Syrach abgefaßt:
Der heute König heist/ liegt morgen gantz erblaßt.
Alsdenn so kan man dich nicht mehr großmächtig schreiben/
Weil deine Macht zu schwach die Würmer zu vertreiben.

The king

Der König.
STeckt denn des Todes Faust auch Königen ihr Ziel/
So gleicht das Regiment dem Schach- und Königs-Spiel
Mein Scepter streckte sich von Süden biß zum Norden/
Nun bin ich durch den Tod besetzt und schachmatt worden.

Death to the bishop

Der Tod.
DU lehnest dich umsonst auff deinen Hirten-Stab;
Zerbricht das schwache Rohr/ so taumelstu ins Grab/
Hiernechst mag Menschen-Hand dir auff den Leichstein schreiben:
Ein Hirte kan nicht stets bey seiner Heerde bleiben.

The bishop

Der Bischoff.
UNsträfflich kont ich zwar/ doch nicht unsterblich seyn;
Drumb bricht der Tod mit Macht zu meinem Fenster ein.
Nun wache/ wer da wil/ ich rüste mich zum Schlaaffe/
Und sage nichts als dis: Gehabt euch wol ihr Schaaffe!

Death to the duke

Der Tod.
HEr/ Hertzog/ her mit mir zu jener langen Nacht!
Wenn dieser Zug geschehn/ so ist der Lauff vollbracht.
Hastu nun deine Lust/ als wie den Feind befochten/
So nimm den Ehren-Krantz von GOttes Hand geflochten.

The duke

Der Hertzog.
ICh zog mit Heeres-Krafft durch manch entferntes Land/
Und machte Nahm und Ruhm der tapffern Welt bekandt:
Jetzt hemmt die Todes-Post den Glückes-Lauff im Siegen/
Und ruffet: Schicke dich zu deinen letzten Zügen.

Death to the abbot

Der Tod.
Hör' Abbt/ die Glocke schlägt/ so dich zu Bette rufft!
Nun tantze fort mit mir zu der bestimmten Grufft:
Inzwischen laß die Furcht der Einsamkeit verschwinden/
Dort wirstu ein Convent von tausend Brüdern finden.

The abbot

Der Abbt.
ZU steigen war mein Wunsch/ biß daß ich Ehren-satt;
Ach aber/ ach wie bald kehrt sich das Hoffnungs-Blat!
Indem ich Tag und Nacht nach hohen Tituln schnappe/
Erhascht ein schneller Tod mich bey der schwarzen Kappe.

Death to the knight

Der Tod.
WIrff ab den schweren Rock/ womit der Leib bedeckt/
Und den polirten Stahl/ der in der Scheiden steckt:
Kein Eisen schützet dich für meinen scharffen Pfeilen/
Du must mit mir zum Tantz in leichter Rüstung eilen.

The knight

Der Ritter.
IHr Helden schauet mich in diesen Waffen an:
So focht ich als ein Löw/ so stund ich als ein Mann/
Biß daß mein Gegen-Part gestrecket lag zur Erden!
Nun will der letzte Feind an mir zum Ritter werden.

Death to the Carthusian

Der Tod.
FOrt Bruder/ folge mir zu allgemeinen Ruh/
Und schleuß die Augen/ so wie dein Gebet-Buch zu.
Kanstu nun dort als hier in weiß gekleidet stehen/
So wirstu an den Tod als wie zum Tantze gehen.

The Carthusian

Der Carthäuser.
MEin strenger Orden schrieb mir tausend Reguln für;
Jetzt greifft der Tod mich an/ und ruffet: Folge mir!
Wolan ich bin bereit mein Kloster zu verlassen/
Wenn ich die Regul nur der Sterbe-Kunst kan fassen.

Death to the mayor

Der Tod.
IHr Bürger/ zürnet nicht/ wenn durch des Höchsten Schluß
Der Bürgermeister selbst mit an den Reihen muß:
Der zu gemeinem Heyl das Recht so offt gesprochen/
Sieht über sich den Stab durch meine Faust gebrochen.

The mayor

Der Bürgermeister.
ES ward fürs Vaterland mein Leben abgenützt/
Und Stadt und Bürgerschafft mit Rath und That geschützt.
Ich fürchte nicht den Tod/ denn wenn ich hier erkalte/
So weiß ich daß ich dort das Bürger-Recht erhalte.

Death to the canon

Der Tod.
IHr habet an dem Dom doch nicht ein bleibend Hauß/
Und müßt auff einen Winck mit Seel' und Leib hinauß.
So werdet ihr zwar hie/ dort aber nicht vertrieben/
Wenn euch der Himmel bleibt als Eigen-Thum verschrieben.

The canon

Der Domherr.
DEn Jonam warff ein Fisch/ doch lebend an den Strand;
Mich wirfft des Todes Schlund in jenes Vaterland.
Ihr Menschen bauet doch die Häuser nicht so feste;
Dort seyd ihr erst daheim/ hier aber fremde Gäste.

Death to the nobleman

Der Tod.
WAs hilfft es deiner Faust/ die manches Stück erjagt?
Wenn man dis wahre Wort nach deinem Hintritt sagt;
Dem Jäger ist es so wie seinem Wild' ergangen;
Denn jenes ward durch ihn/ er durch den Tod/ gefangen.

The nobleman

Der Edelmann.
ICh war auff nichts so sehr/ als auff die Jagt verpicht/
Die Sonne fand mich zwar/ doch in den Federn nicht;
Kein Wild entwischte mir in dick-belaubten Püschen:
Jetzt kan ich leyder! selbst dem Tode nicht entwischen.

Death to the physician

Der Tod.
BEschaue dich nur selbst/ und nicht dein Krancken-Glaß;
Du bist/ dem Cörper nach/ so dauerhafft als das:
Ein Stoß zubricht das Glaß/ der Mensch zerfällt im sterben;
Was findet man hernach von beyden? Nichts als Scherben.

The physician

Der Artzt.
VErläst mich meine Kunst/ alsdann gesteh' ich frey:
Daß zwischen Glaß und Mensch kein Unterscheid nicht sey.
Ihr Brüder sucht umsonst in Gärten/ Thälern/ Gründen/
Um für die letzte Noth ein recipe zu finden.

Death to the usurer

Der Tod.
ICh fordre deinen Rest/ als meinen Zinß/ von dir;
Zahl ab/ und laß die Last des schweren Beutels hier.
Kein Geitzhaltz hat noch nie den Geld-Sack mitgenommen;
Warumb? Weil kein Cameel durchs Nadel-öhr kan kommen.

The usurer

Der Wucherer.
WAhr ists/ ich liebte nichts als Wucher und Gewinn/
Und mercke daß ich arm beym Reichthum worden bin;
Mein Capital ist fort/ die Zinsen sind zerstoben.
Ach hätt ich einen Schatz im Himmel auffgehoben!

Death to the curate

Der Tod.
IHr Armen seyd getrost! tantzt gleich der Mann mit mir/
So bleibt sein Beutel doch zu eurem Vortheil hier:
Nun suchet/ wo ihr könt/ den Antheil von præbenden.
Ich eile seinen Leib den Würmern außzuspenden.

The curate

Der Capellan.
ICh diente dem Altar/ und dieser diente mir/
Er gab mir Unterhalt/ und ich war seine Zier:
Den Beutel trug ich zwar/ doch nicht auff Judas Weise/
Drumb bin ich auch so leicht zur letzten Todes-Reise.

Death to the civil servant

Der Tod.
DU zeigest nach Gebrauch ein saures Ampts-Gesicht;
Jedoch was acht' ich das? Ich bin kein Bauer nicht:
Muß dieser schon dein Ampt gantz tieff gebücket ehren/
So ruff ich: Amptmann fort! Du solt den Reihen mehren.

The civil servant

Der Amptmann.
DEn Bauren schafft ich Recht/ den Obern war ich treu/
So blieb mein Wandel rein/ und mein Gewissen frey:
Nun merck ich/ daß der Tod die Tugend wenig schätzet/
Er ruffet: Fort mit dir! Man hat dich abgesetzet.

Death to the parish clerk

Der Tod.
DU siehest/ wie mich däucht/ recht miserable auß/
Doch diß bewegt mich nicht: bestelle nur dein Hauß:(1)
Steht jemand oben an in meinem Zeit-Register/
So heißt es: Fort Du seyst der Käyser oder Küster.

The parish clerk

Der Küster.
DEs Höchsten Knecht hat mich zu seinem Knecht erwehlt/
So stund ich oben an/ wenn man von unten zählt:
Jetzt miethet mich der Tod mit Schrecken-vollen Minen;
Herr Pastor/ lebet wohl! Ich kan nicht zweyen dienen.(2)

Death to the merchant

Der Tod.
DEnck an den Banqverot, den Adam längst gemacht/
Der setzet dich in Schuld/ und hat mich hergebracht:
Zahl aus und lieffre mir den Antheil meiner Waare/
So viel ich fassen kan auff einer Leichen-Baare.

The merchant

Der Kauffmann.
DEr letzte Mahner kömmt mich trotzig angerennt;
Doch bin ich nicht fällit, hier ist mein Testament;
Den Geist vermach ich GOtt/ das Gut den rechten Erben/
Dem Satan meine Schuld/ den Leib dem Tod' im Sterben.

Death to the hermit

Der Tod.
WAs kerkerstu dich selbst in enge Clausen ein?
Bistu ein Mensch/ und magst doch nicht bey Menschen seyn?
Laß greiser Wunder-Kopf/ den Schwarm der Grille fliegen/
Du must gestorben doch bey deines gleichen liegen.

The hermit

Der Cläusener.
ICh bin ein Mensch/ und doch den Menschen nicht geneigt/
Weil manches Menschen Herz das Bild des Teuffels zeigt;
Nun komm/ erwünschter Tod! Du machest mir kein grauen/
Viel lieber wil ich dich/ als Menschen Unart/ schauen.

Death to the peasant

Der Tod.
KOmm/ Landsmann/ an den Tantz/ von Müh und Arbeit heiß!
So schwitzestu zuletzt den kalten Todes-Schweiß.
Laß andre seyn bemüht mit pflügen/ dreschen/ graben;
Dein saurer Lebens-Tag soll Feyerabend haben.

The peasant

Der Bauer.
ICh trug mit Ungemach des Tages Last und Noth/
Und aß von Schweiß bedeckt mein schwer-verdientes Brodt:
Doch da mein Führer mich zur Ruhe denckt zu bringen/
So kan ich wohlvergnügt das consummatum singen.

Death to the young man

Der Tod.
IHr Nymphen/ die ihr hie den frischen Jüngling schaut/
Wünscht ihr vielleicht durch ihn zu heissen Jungfer-Braut?
Umbsonst/ die Rechnung wird euch mit einander trügen;
Ich werd ihn in der That/ ihr in Gedancken kriegen.

The young man

Der Jüngling.
SO soll ich an den Tantz; wer hätte das gedacht?
Ich/ der ich manches Schloß/ doch in der Lufft/ gemacht?
Nun wird mein Hoffnungs-Bau frühzeitig eingerissen;
Ich wollte bald die Braut/ und muß die Mutter/ küssen.

Death to the young woman

Der Tod.
ICh halte/ wie die Welt/ von Complimenten nicht;
Muß heist mein hartes Wort/ das Stahl und Eisen bricht;
Und warumb wolt ihr mir den letzten Tantz versagen?
Die Jungfern pflegen sonst kein Täntzgen abzuschlagen

The young woman

Die Jungfrau.
ICh folge/ weil ich muß/ und tantze wie ich kan;
Ihr Schwestern/ wehlet euch bey Zeiten einen Mann/
So reichet ihr die Faust dem Bräutigam im Leben/
Die ich dem Tode muß/ doch halb gezwungen geben.

Death to the child

Der Tod.
NImm/ zarter Säugling/ an den frühen Sensen-Schlag/
Und schlaff hernach getrost biß an den jüngsten Tag.
Wohl dem/ der so wie du fällt in des Todes Hände!
So krönt den Anfang schon ein hochbeglücktes Ende.

The child

Das Wiegen-Kind.
WEinen ist meine Stimme gewest. Sap. VII. 3.

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