Lübeck's Dance of Death

Here is the "new" text from St. Mary's Church in Lübeck written in 1701 by Nathanael Schlott, as it was written down by F. Naumann in 1844:

Unfortunately Naumann has a number of variants that seem to be his own invention.

Der Todtentanz zu Lübeck

Still, Vermessener! du seist auch wer du seiest,
Der du durch manch unnützes Wort diesen heiligen Ort entweihest;
Hier findest du keine Plauderkapelle,
Sondern den Todtentanz, deine gewisse Stelle.
Still, demnach still! Laß das Malwerk stummer Wände
Mit dir reden,
Und wo möglich vor dem Ende
Dich, überreden,
Daß der Mensch sei und werde — Erde.

[Zwei Gerippe, von denen eines die Flöte bläst, eröffnen den fürchterlichen Reigen.]

1) Der Tod.

Heran, ihr Sterblichen, das Glas ist aus, heran!
Vom Höchsten in der Welt, bis auf den Bauersmann.
Das Weigern ist umsonst, umsonst ist alles Klagen,
Ihr müsset einen Tanz nach meiner Pfeife wagen.

[Nun folgen, immer von einem Gerippe begleitet, die Personen; der Papst &c.]

2) Der Tod zum Papst:

Komm, alter Vater, komm, es muß geschieden sein!
Kriech' aus dem Vatican in diesen Sarg hinein.
Hier trägt dein Scheitel nicht das Gold von dreien Kronen,
Der Hut ist viel zu hoch, du mußt jetzt enger wohnen.

Der Papst zum Tode:

Wie? scheut der Tod den Blitz von meinem Banne nicht?
Hilft kein geweihtes Naß und kein geweihtes Licht?
So bleibt mir doch die Macht, zu lösen und zu binden,
Wie sollt' ich sterbend nicht den Himmelsschlüssel finden?

3) Der Tod zum Kaiser:

Auf, großer Kaiser, auf! gesegne Reich und Welt,
Und wisse, daß ich dir den letzten Tanz bestellt.
Mein alter Bund gilt mehr, als Apfel, Schwert und Bullen,
Wer mir Gesetze schreibt, malt eitel blinde Nullen.

Der Kaiser zum Tod:

Was hör' ich? Trägt der Tod für Götter keine Scheu?
Sind Kaiser=Kronen nicht vor seiner Sichel frei?
Wohlan, so muß ich mich, o hartes Wort, bequemen,
Und von der dürren Hand den Reiches=Abschied nehmen.

4) Der Tod zur Kaiserin:

Reicht ungeweigert her der Hände zartes Paar,
Und wandert fort mit mir zu jener großen Schaar.
Doch spart die Thränenfluth des bittern Scheidens wegen;
Man wird euch dem Gemahl bald an die Seite legen.

Die Kaiserin zum Tod:

Ist Zeit und Stunde da, so schick' ich mich darein.
Und will auch sterbend dir, mein Kaiser, ähnlich sein.
Kannst du dem Reiche dich nicht stets als Sonne zeigen,
So muß sich auch der Tod zum Untergange neigen.

5) Der Tod zum Kardinal:

Gieb gute Nacht der Welt, bestürzter Kardinal!
Dein Ende rufet dich zur ungezählten Zahl.
Ich weiß nicht, was du dort wirst für ein Theil erlangen;
Das weiß ich, Sohn, du Hast viel Gutes hier empfangen.

Der Kardinal zum Tod:

Rom schenkte mir den Hut, der Hut trug Ehr' und Geld,
So baut' ich sorgenfrei das Paradies der Welt,
Mein Wunsch war, mit der Zeit auf Petri Stuhl zu rücken,
Und muß davor erblaßt das Haupt zur Erden bücken.

6) Der Tod zum König:

Denk an den wahren Spruch, den Sirach abgefaßt,
Der heute König heißt, liegt morgen ganz erblaßt.
Alsdann so kann man dich nicht mehr Großmächtig schreiben,
Weil deine Macht zu schwach, die Würmer zu vertreiben.

Der König zum Tod:

Steckt denn des Todes Faust auch Königen ihr Ziel?
So gleicht das Regiment dem Schach= und Königsspiel.
Mein Scepter streckte sich von Süden zu dem Norden,
Nun bin ich durch den Tod besetzt und schach=matt worden.

7) Der Tod zum Bischof:

Du lehnest dich umsonst auf deinen Hirtenstab;
Zerbricht das schwache Rohr, so taumelst du in's Grab.
Hiernächst mag Menschenhand dir auf den Leichstein schreiben:
Ein Hirte kann nicht stets bei seiner Heerde bleiben!

Der Bischof zum Tod:

Unsträflich könnt' ich zwar, doch nicht unsterblich sein,
Drum bricht der Tod mit Macht zu meinen Fenstern ein.
Nun wache, wer da will, ich rüste mich zum Schlafe,
Und sage nichts als dies: Gehabt euch wohl, ihr Schafe.

8) Der Tod zum Herzog:

Her, Herzog, her mit dir, zu jener langen Nacht!
Wenn dieser Zug geschehn, so ist der Lauf vollbracht.
Hast du nun deine Lust, als wie den Feind, befochten,
So nimm den Ehren=Kranz, von Gottes Hand geflochten.

Der Herzog zum Tod:

Ich zog mit Heeresmacht durch manch entferntes Land,
Und machte Nam' und Ruhm der tapfern Welt bekannt.
Jetzt hemmt die Todespost den Glückeslauf im Siegen,
Und rufet: Schicke dich zu deinen letzten Zügen.

9) Der Tod zum Abte:

Hör' Abt, die Glocke schlägt, die dich zu Bette ruft!
Nun tanze fort mit mir zu der bestimmten Gruft.
Inzwischen laß die Furcht der Einsamkeit verschwinden,
Dort wirst du ein Convent von tausend Brüdern finden.

Der Abt zum Tod:

Zu steigen war mein Wunsch, bis daß ich ehrensatt;
Ach aber, ach, wie bald kehrt sich das Hoffnungsblatt!
Indem ich Tag und Nacht nachstrebte hohem Titel,
Erfaßt ein schneller Tod mich bei dem schwarzen Kittel.

10) Der Tod zum Ritter:

Wirf ab den Panzer dein, womit der Leib bedeckt,
Wirf ab den harten Stahl, der in der Scheide steckt.
Kein Eisen schützet dich vor meinen scharfen Pfeilen,
Du mußt mit mir zum Tanz in leichter Rüstung eilen.

Der Ritter zum Tod:

Ihr Helden, schauet mich in diesen Waffen an!
So focht' ich als ein Löw', so stand ich als ein Mann.
Bis daß mein Gegenpart gestrecket lag zur Erden;
Nun will der letzte Feind an mir zum Ritter werden.

11) Der Tod zum Mönch:

Fort, Bruder, folge mir zur allgemeinen Ruh,
Und schließ' die Augen so, wie dein Gebetbuch zu.
Kannst du nun dort, wie hier, in Weiß gekleidet stehen,
So wirst du an dem Tod, gleichwie zum Tanze gehen.

Der Mönch zum Tod:

Mein strenger Orden schrieb mir tausend Regeln für;
Jetzt greift der Tod mich an und rufet: Folge mir!
Wohlan, ich bin bereit, mein Kloster zu verlassen,
Wann ich die Regeln nur der Sterbekunst kann fassen!

12) Der Tod zum Bürgermeister:

Ihr Bürger, zürnet nicht, wenn durch des Höchsten Schluß
Der Bürgermeister selbst mit an den Reihen muß.
Der zu gemeinem Heil das Recht so oft gesprochen,
Sieht über sich den Stab durch meine Faust gebrochen.

Der Bürgermeister zum Tod:

Es ward für's Vaterland mein Leben abgenützt,
Und Stadt und Bürgerschaft mit Rath und That geschützt.
Ich fürchte nicht den Tod, denn wenn ich hier erkalte,
So weiß ich, daß ich dort das Bürgerrecht erhalte.

13) Der Tod zum Domherrn.

Ihr habet an dem Dom doch nicht ein bleibend Haus,
Und müßt auf einen Wink mit Leib und Seel' hinaus.
So werdet ihr zwar hier, dort aber nicht vertrieben,
Wenn euch der Himmel bleibt als Eigenthum verschrieben.

Der Domherr zum Tode:

Den Jonas warf ein Fisch, doch lebend, an den Strand;
Mich wirft des Todes Schlund in jenes Vaterland.
Ihr Menschen, bauet doch die Häuser nicht zu feste;
Dort seid ihr erst daheim, hier aber fremde Gäste.

14) Der Tod zum Edelmann:

Was hilft es deiner Faust, die manches Stück erjagt,
Wenn man das wahre Wort nach deinem Hingang sagt:
Dem Jäger ist es so, wie seinem Wild gegangen:
Denn jenes ward durch ihn, er durch den Tod gefangen.

Der Edelmann zum Tod:

Ich war auf nichts so sehr, als auf die Jagd erpicht,
Die Sonne fand mich zwar, doch auf den Feldern, nicht.
Kein Wild entwischte mir in dickbelaubten Büschen;
Jetzt kann ich leider selbst dem Tode nicht entwischen.

15) Der Tod zum Arzt:

Beschaue dich nur selbst und nicht dein Krankenglas.
Du bist dem Körper nach so dauerhaft als das.
Ein Stoß zerbricht das Glas, der Mensch zerfällt im Sterben;
Was findet man hernach von Beiden? — Nichts, als Scherben.

Der Arzt zum Tod:

Verläßt mich meine Kunst, alsdann gesteh' ich frei,
Daß zwischen Glas und Mensch kein Unterschied mehr sei.
Ihr Brüder, sucht umsonst in Gärten, Thälern, Gründen,
Um für die letzte Noth ein Recipe zu finden.

16) Der Tod zum Wucherer:

Ich fordre deinen Rest, als meinen Zins, von dir;
Zahl' ab, und laß die Last des schweren Beutels hier.
Ein Geizhals hat noch nie den Geldsack mitgenommen,
Warum? Weil kein Kameel durch's Nadelöhr kann kommen.

Der Wucherer zum Tod:

Wahr ist's, ich lielte nichts, als Wucher und Gewinn,
Und merke, daß ich arm bei meinem Reichthum bin.
Mein Capital ist fort, die Zinsen sind zerstoben;
Ach, hätt' ich einen Schatz im Himmel aufgehoben!

17) Der Tod zum Capellan:

Ihr Armen, tanzt getrost! Tanzt gleich der Mann mit mir,
So bleibt sein Beutel doch zu euerm Vortheil hier.
Nun suchet, wo ihr könnt, den Antheil von Prebenden;
Ich eile, seinen Leib den Würmern auszuspenden.

Der Capellan zum Tod:

Ich diente dem Altar und dieser diente mir,
Er gab mir Unterhalt und ich war seine Zier.
Den Beutel trug ich zwar, doch nicht auf Judas Weise,
Drum bin ich heiter auch zur letzten Todesreise.

18) Der Tod zum Amtmann:

Du zeigest nach Gebrauch ein saures Amtsgesicht,
Jedoch, was acht' ich das? Ich bin ja Bauer nicht.
Muß dieser schon dein Amt ganz tief gebücket ehren,
So ruf' ich: Amtmann, fort! Du sollst den Reihen mehren.

Der Amtmann zum Tode:

Den Bauern schafft' ich Recht, den Obern war ich treu,
So blieb mein Wandel rein und mein Gewissen frei.
Nun merk' ich, daß der Tod Verdienste wenig schätzet;
Er rufet: Fort mit dir! Man hat dich abgesetzet!

19) Der Tod zum Küster:

Du stehest, wie mich deucht, recht miserabel aus;
Doch, das bewegt mich nicht, bestelle nur dein Haus.
Steht Jemand oben an in meinem Zeitregister,
So heißt es: Fort, du seist der Kaiser oder Küster.

Der Küster zum Tod:

Da man am Gotteshaus zum Hüter mich erwählt,
Hab' ich die Zeit und Stund' am Uhrwerk abgezählt.
An diesem will mir nun der Tod den Abschied weisen;
Drum muß ich zu dem Dienst der ew'gen Hütte reisen.

20) Der Tod zum Kaufmann:

Denk' an den Bankerott, den Adam längst gemacht,
Der setzet dich in Schuld und hat mich hergebracht.
Zahl' aus, und lief're mir den Antheil meiner Waare,
So viel ich fassen kann auf einer Leichenbahre.

Der Kaufmann zum Tod:

Der letzte Mahner kommt recht trotzig angerennt,
Doch bin ich nicht fallit, hier ist mein Testament.
Den Geist vermach' ich Gott, das Gut den rechten Erben,
Dem Satan meine Schuld, den Leib dem Tod im Sterben.

21) Der Tod zum Klausner:

Was kerkerst du dich selbst in enge Klausen ein,
Bist du ein Mensch und magst doch nicht bei Menschen sein.
Laß, greiser Wunderkopf, den Schwarm der Grillen fliegen;
Du mußt im Tode doch bei deines Gleichen liegen.

Der Klausner zum Tod:

Ich bin ein Mensch und doch dem Menschen nicht geneigt.
Weil manches Menschenherz, das Bild des Teufels zeigt,
Nun komm, erwünschter Tod, du machest mir kein Grau'n;
Viel lieber will ich dich, als Menschenunart schau'n.

22) Der Tob zum Bauer:

Komm, Landsmann, an den Tanz, von Müh' und Arbeit heiß,
So schwitzest du zuletzt den kalten Todesschweiß.
Laß Andre sein bemüht mit Pflügen, Dreschen, Graben,
Dein saurer Lebenstag soll Feierabend haben.

Der Bauer zum Tod:

Ich trug mit Ungemach des Tages Last und Noth,
Und aß, vom Schweiß bedeckt, mein schwer verdientes Brot.
Doch da mein Führer denkt, zur Ruhe mich zu bringen,
So kann ich wohl vergnügt das consumatum singen.

23) Der Tod zum Jüngling:

Ihr Mägdlein, die ihr hier den frischen Jüngling schaut,
Wünscht ihr vielleicht durch ihn zu heißen Jungfer Braut?
Umsonst! Die Rechnung wird euch mit einander trügen,
Ich werd' ihn in der That, ihr in Gedanken kriegen.

Der Jüngling zum Tod:

So soll ich an den Tanz, wer hätte das gedacht?
Ich, der ich manches Schloß, doch in der Luft gemacht.
Nun wird mein Hoffnungsbau frühzeitig eingerissen;
Ich wollte bald die Braut und muß die Mutter küßen.

24) Der Tod zur Jungfrau:

Ich halte, wie die Welt, von Complimenten nicht.
Muß! heißt mein hartes Wort, das Stahl und Eisen bricht.
Und warum wollt ihr mir den letzten Tanz versagen?
Die Jungfrau'n pflegen sonst kein Tänzlein abzuschlagen.

Die Jungfrau zum Tod:

Ich folge, wie ich muß, und tanze, wie ich kann,
Ihr Schwestern, wählet euch bei Zeiten einen Mann.
So reichet ihr die Hand dem Bräutigam im Leben,
Die ich dem Tode muß doch wohl gezwungen geben.

25) Der Tod zum Säugling:

Nimm, zarter Säugling, an den frühen Sensenschlag,
Und schlaf' hernach getrost bis an den jüngsten Tag.
Wohl dem, der so, wie du, fällt in des Todes Hände,
So krönt den Anfang schon ein hochbeglücktes Ende.

26) Der Säugling zum Tod:

Weinen war meine erste Stimme!
                                                        Weish. 7,3.

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