Der Todtentanz in der Marienkirche zu Lübeck

This is page seven of Wilhelm Mantels' book, Der Todtentanz in der Marienkirche zu Lübeck, from 1866. The book is in landscape format with three columns per page, but here the three columns are presented below each other.

Mantels reproduces the old Low German text. It had been transcribed fragmentarily by Jakob von Melle but the text is jumbled, and therefore Mantels publishes the verses in another (correct) sequence with Melle's verse-numbers in parentheses.


7 A

To bruken went her min Leven,
Late mi des Dansses nach begheven.
Nu scholde ik vullen minen Schrin,
Dine velen Worde don mi grote Pin
Late mi doch Gade denen bat,
Den ik in miner Jöget vorgat.

5. Tod (antwortet dem Domherrn und wendet sich dann zum Bürgermeister).

(M. 1.)       [Fehlt.]

6. Bürgermeister (antwortet).
(M. 2)       [Fehlt.]

7. Tod (antwortet dem Bürgermeister):
(M. 7.) Grot Lon schaltu entfan.
Vor din Arbeit, dat du hefst ghedan,
Wil di God dusentvult belonen
Unde in deme ewighen Levende kronen.
Mer dine Bedrechlicheit mede
Mochte di bringen in groten Unvrede.
Wultu umme dine Sunde ruwich sin?22)
    (zum Arzte:)
Volghe na, Meister Medecin

8. Arzt (antwortet):
(M. 8.) Ik hadde wol Vordrach, mochte it wesen,
Vele Minsken hebbe ik ghenesen,
De van groter Suke leden Not.
Mer jegen di klene noch grot
En helpet nine Kunst noch Medecin.
Nu bevole ik mi sulven de Pin.
Van deme Dode bin ik beseen,
Wat ordel dat mi schal bescheen.

9. Tod (antwortet):
(M. 9.) Recht Ordel schaltu entfan
Na den Werken, de du hefst ghedan.
Du hefst ghedan, dat God wol wet,
Mengen in grot Eventur gheset,
Den Armen swarlik beschat,
Des he vaken billik hadde to bat,
Al nemestu grote Summen darvan.
    (zum Wucherer:)
Wokerer, volghe van Stunden an.

10. Wucherer (antwortet):
(M. 10.) O du aller unvormodeste Dot,
Up di en dacht ik klene noch grot.
Ik hebbe al min Gut vorsaden,
Mine Böne sint vul Kornes geladen,
Mot ik nu sterven, dat is mi swar,
Unde latent hir, unde wet nicht, war.
Ik en wet nicht, war ik henne mot.
Vorbarme miner, Her, dor dinen Dot.


22) Nur als Frage hat diese Zeile Sinn; oder man müsste ein "nicht" vor "ruwich" einschieben. — Dass diese Worte an den Bürgermeister gerichtet sind, beweist der im Einzelnen gleichlautende Text von 1496.


7 B

11. Tod (antwortet):
(M. 11.) Vorkerde Dor, olt van Jaren
Anders hefstu nicht uterkaren,
Den dat Gut up desser Erden,
Ik wet nicht, wat van di sal werden.
Up mi so haddestu klene Acht,
Noch to stervende nicht gedacht.
Nu mustu int ander Lant.
    (zum Capellan:)
Herr Kappelan, lange her de Hant

12. Capellan (antwortet):
(M. 12.) Ach leider, wo quelet mi de Dot!
Ik hebbe Last van Sorgen23) grot,
Slaplik hebbe ik gequiten,24)
Ik vruchte, God schalt nu mer witen.25)
De Werelt, de Viant unde dat Vlesch
Hebbet bedraghen minen Gest.
Wat schal mi nu dat Gut,
Wente ik it hir al laten mot!

13. Tod (antwortet):
(M. 17.) Haddestu van Jöget up Gade bet
Recht vor dine Ogen geset,
Unde vlitliken gelert —
Der du mennich Wort hefst vorkert —
Dat Volk bracht to Gode:26)
Dat were got, nu schedestu unnode.
It mot sin sunder beiden.
    (zum Kaufmann:)
Kopman, wilt di ok bereiden.

14. Kaufmann (antwortet):
(M. 18.) It is mi verne bereit to sin.
Na Gude hebbe ik gehat Pin
To Lande unde tor See,
Dor Wind, Regen unde Snee.
De27) Reise wart mi so swar,
Mine Rekenscop is nicht klar.
Hadde ik mine Rekenscop ghedan,
So mochte ik vrolik mede ghan.

15. Tod (antwortet):
(M. 15.) Hefstu anders nicht bedreven
In Kopenscop, alse di was gheven,
It sal di wesen Rechtferdicheit,28)
Wen alle Dink to richten steit,


23) Das cursiv Gedruckte fehlt bei v. Melle.
24) Schläfrig (ungenügend) habe ich meine Pflicht erfüllt.
25) Gott wird mir das nunmehr als Schuld anrechnen. — von Melle: nummer.
26) v. Melle: Gude.
27) v. Melle: Na.
28) So etwa muss gelesen werden, dass der Sinn wäre: Es soll (wird) dir zur Gerechtigkeit dienen, wann u. s. w. Oder es hat auch geheissen: Der, dem es zukommt alle Dinge zu richten, wird es dir zur Gerechtigkeit angedeihen lassen. v. Melle hat nur: It sal di — — — — enheit.


7 C

Hefstu di so vorwart
Unde din Dink gans wol geklart.
Westu anders, dat is nicht gut.
    (zum Küster:)
Koster, kum, it wesen mot.

16. Küster (antwortet):
(M. 16.) Ach, Dot, mot it sin gedan,
Nu ik erst to denen began!
In miner Kosterie mende ik klar
Noch hogher to komen vorwar,
En grot Officium was min Sin.
Alse mi dunkt, so krige ik nin,
Ik mach des nicht gebruken.
De Dot wil mi vorsluken.

17. Tod (antwortet):
(M. 13.) Al werstu hogher gheresen,29)
In groter Var mustestu wesen,
It is diner Sele meiste Profit,
Dat gi nicht hogher resen sit.
Volghe na in mine Partie,
Wente hoch sin maket Hovardie,
Dat is al jeghen God.
    (zum Amtmann:)30)
Amtman, tret an, it is nen Spot.

18. Amtmann (antwortet):
(M. 14.) Ach leider, wat schal mi bescheen!
Ovel hebbe ik mi vorgeseen
Unde hebbe mi ser ovel bedacht,
Min Hantwerk so truwe nicht na getracht,
Dat Gut prisede ik sere.
Nu bidde ik di, leve Here,
Du mi de Sunde wilt vorgheven,
Unde late mi in din ewige Leven.

19. Tod (antwortet):
(M. 19.) Gi Amteslude alghemeine
Achten vele Dinges kleine,
Dat gi einen anderen bedreghen
Unde vaken darinne leghen.
Up sterven hebbe gi nicht gepast,
Juwe Sele ser belast,
Dat wil juwer Sele wesen swar.
    (zum Klausner:)
Klusenaer, volghe naer.

20. Klausner (antwortet):
(M. 20.) To sterven dat is mi nicht leit,
Were ik van binnen bereit,
Were mine Conciencien wol purgert.
De Viant heft mi tentert


29) gestiegen. Engl.: to rise.
30) D. i. Handwerksmann. Wehrmann. Die älteren Lüb. Zunftrollen. Lüb. 1864. S. 23 fg. Vgl. auch unten S. 8. Anm. 34.

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